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Studienbibliothek

Der zeitliche Rahmen der Bibliotheksbestände wird durch den historischen Wendepunkt 1867 bestimmt, als nach dem Ende des habsburgischen Absolutismus das neue demokratische Vereinsrecht in der liberalen Phase die Gründung von Arbeiterorganisationen ermöglichte. So stammen aus dieser Zeit auch die ersten legal veröffentlichten Quellen wie Zeitungen, Vereins- und Flugblätter, Jahresberichte usw. Ein Ziel der Sammlung war es, die Publikationen des historischen Phänomens "Arbeiterbewegung" zu erhalten und zu erschließen; außerdem wurde und wird aber auch die aktuell erscheinende Sekundärliteratur laufend erworben.









Parallel zur politischen Geschichte der Arbeiter*innenbewegung gilt auch für die Bibliotheken und Publikationen das Jahr 1945 gewissermaßen als Neubeginn. Die Überlebenden des Nationalsozialismus rekonstruierten, welche gedruckten geistigen Sachwerte den Faschismus selbst überlebt hatten. So schrieb Friedrich Adler 1947: „Vorgestern war ein Genosse aus der Wiener Arbeiter-Zeitung hier und ich habe von ihm einiges Interessantes gehört. Ein vollständiges Exemplar der Arbeiter-Zeitung ist gerettet und in der Redaktion Pollak aufgestellt. Weiter ist merkwürdigerweise fast die ganze Bibliothek, die dem Parteivorstand gehörte, intakt und wurde niemals weder unter Schuschnigg noch unter Hitler berührt. Sie steht wie früher im ersten Stock in der Wienzeile. Dort sind nicht allzu viele aber einige sehr wertvolle Bücher. Da hat das Nicht-Interesse der Faschisten für Gedrucktes günstig gewirkt, aber im Wesentlichen ist es ein Zufall.“ (Friedrich Adler an Annie van Scheltema, Bibliothekarin des IISH Amsterdam, 10.12.1947, VGA, Adler-Archiv, Mappe 515.) Dieser aus historischer und bibliophiler Sicht bedeutsame Bestand wurde 1971 vom Vorwärts-Verlag an den VGA übergeben und als in sich geschlossener Corpus bewahrt.


Seit der Gründung des VGA 1959 waren die Bibliothekare und Bibliothekarinnen bemüht, die Publikationstätigkeit der österreichischen Arbeiterbewegung in ihrer Vollständigkeit zu erfassen und der Forschung öffentlich zugänglich zu machen. Die Erfüllung dieses Anspruchs basierte auf einer intensiven bibliographischen Forschungstätigkeit zur Publikations- und Verlagsgeschichte der Arbeiterbewegung und ihrer Organisationen.












Robert Danneberg: "Das neue Wien" in verschiedensprachigen Editionen


Die Arbeiterbewegung wurde zu einem sozialen Massen-Phänomen, das sich auf zehntausende Aktivisten stützen konnte. Die "Sammlernaturen" unter ihnen archivierten jedes Maiabzeichen und jede Bildpostkarte, Einladung, Broschüre. Viele dieser Privatsammlungen überstanden die Diktaturen im Inland oder überlebten in der Emigration. Für den VGA waren und sind sie eine wichtige Ergänzung der Bibliotheksbestände.


Die seit den 1960er Jahren aufgebaute Bibliothek des VGA hat sich vorwiegend aus Schenkungen, Sachspenden bzw. aus Büchern in Nachlässen entwickelt. Qualitativ und quantitativ zählen zu den bedeutendsten Zugängen die Schenkungen der Bibliotheken von Karl Seitz, Adolf Schärf, Oskar Helmer, Benedikt Kautsky, Ernst Winkler, Friedl Scheu (ein Nachkomme der legendären Brüder Scheu aus der frühen Wiener Arbeiterbewegung), Manfred Ackermann, Anton Benya, Fritz Klenner u. v. a. Im Jahr  2004 konnten die historischen Bestände der Bibliothek des Renner-Institutes und 2008 die Bibliothek der Zukunftswerkstätte übernommen werden.


Aus dieser Entstehungsgeschichte erklärt sich, dass zahlreiche Bücher und Broschüren mit persönlichen Widmungen, Autographen und Exlibris bedeutender Persönlichkeiten versehen sind, zum Beispiel eine Widmung von Friedrich Engels an die junge Adelheid Dworak (verh. Popp) oder eine Widmung von Adolf Loos an den Parlamentspräsidenten und späteren Wiener Bürgermeister Karl Seitz in der von Loos 1919 herausgegebenen Schrift „Richtlinien für ein Kunstamt“.