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Neu im Archiv

Nachlass Fritz (Friedrich) Rosenfeld

Der Nachlass des Autors und Journalisten Fritz Rosenfeld (1902–1987) wurde neu erfasst und ist nun im VGA einsehbar. Darunter befinden sich zahlreiche seiner Werke als Manuskripte oder Veröffentlichungen. Vor allem, wer über Literatur für Kinder forscht, findet in dem von Veronika Kaiser bearbeiteten Bestand einen Schatz, den es noch zu heben gilt.

Der Nachlass umfasst 17 Kartons und erstreckt sich von den frühen 1930er Jahren bis 1987. Mehr als 8 Kartons enthalten Typoskripte und Veröffentlichungen wie Zeitungsartikel, Druckfahnen von Büchern oder hektographierte Manuskripte von Hörfunksendungen, die meisten davon unter dem Pseudonym Friedrich Feld. Bekannt ist Fritz Rosenfeld heute vor allem als Filmkritiker und Filmtheoretiker der Arbeiter-Zeitung, wobei der Nachlass aus diese Phase seines Wirkens nur wenige Materialien enthält. Sein Lebensweg wurde 2007 in einem Buch von Brigitte Mayr und Michael Omasta ausführlich dargestellt.

Fritz (Friedrich) Rosenfeld wurde am 5. Dezember 1902 in Wien geboren. Nach der Matura studierte er moderne Philologie, daneben verfasste er Berichte und Artikel. Von 1923 bis 1934 war er Feuilletonredakteur der Arbeiter-Zeitung und widmete sich vor allem dem neuen Medium Film.

Nach dem Ausbruch der Februarkämpfe 1934 flüchtete Rosenfeld in die Tschechoslowakei. In Prag arbeitete er unter anderem für die Filmgesellschaft Paramount.

Nach dem Einmarsch der Nazis 1939 ging er nach Großbritannien. Bei der BBC war er als Abhörer deutscher und tschechischer Radiosender tätig. 1948 wurde er britischer Staatsbürger. Bis zu seiner Pensionierung 1962 war er Redakteur bei der Nachrichtenagentur Reuters. Er starb am 27. Dezember 1987 in Bexhill, East Sussex. Verheiratet war Rosenfeld mit Ellen Bloch, geboren 1910 in Berlin, gestorben in den 1990er Jahren.

Archivfunde
Durch die zweimalige Flucht – erst aus Österreich, dann aus der Tschechoslowakei – ist die Quellenlage zu frühen biografischen Lebensphasen dürftig. Einige bemerkenswerte Zeugnisse von Rosenfelds Leben sind aber im Nachlass erhalten geblieben, zum Beispiel der Zeitungsausschnitt einer britischen Tageszeitung, in dem es heißt, Friedrich Rosenfeld suche um Einbürgerung an.


Zeitungsausschnitt 16. Oktober 1947: Letzte Hürde vor Rosenfelds Einbürgerung


Bemerkenswert sind die Akten der Entschädigungsverfahren vor deutschen Gerichten 1960 und 1961. Friedrich Rosenfeld erhielt von einem Kölner Gericht 10.000 D-Mark zugesprochen, davon gingen 1.520 D-Mark an seinen Rechtsanwalt, Ellen bekam auf dem Vergleichsweg 5.000 (wobei über die Anwaltskosten keine Informationen vorliegen). 1960 betrug das jährliche Durchschnittsentgelt in Deutschland 6.101 D-Mark, dennoch erscheinen die Beträge niedrig angesichts der zerstörten Lebensläufe. 

Von den Briefen an Fritz Rosenfeld sind nur wenige erhalten, vor allem Korrespondenzen mit Berufskollegen. Von 1963 bis 1966 kam es zu einem Briefwechsel mit dem US-amerikanischen Schriftsteller Upton Sinclair (1878–1968). Es ging um deutsche Übersetzungen zweier Bücher Sinclairs (das Kinderbuch „Gnomobile“ und seine Autobiographie), die Rosenfeld machen sollte. Beide Projekte zerschlugen sich jedoch. Aus derselben Zeit liegen auch einige Briefe von Josef Luitpold Stern (1886–1966) in Wien vor: Die beiden haben sich über ihre neuen Werke und literarischen Vorhaben ausgetauscht. Auch vom Kinderbuchautor James Krüss (1926–1997) sind mehrere, teils ausführliche Briefe im Nachlass vorhanden. Krüss und Rosenfeld teilten die Liebe zu Katzen. „Autoren scheinen gute Katzenväter zu sein“, wie Krüss an Rosenfeld am 27. Juli 1972 schrieb.

Der Autor
Rosenfelds literarische Manuskripte liegen als Typoskripte vor, wobei auf den meisten die Adresse des Autors angegeben ist. Die Reihenfolge der Wohnsitze wurde im Buch von Mayr/Omasta weitgehend dargestellt. Das ermöglicht die chronologische Einordnung der Manuskripte nach dem jeweiligen Wohnsitz – von Wien IX., Gussenbauergasse, bis zum letzten Wohnsitz in Bexhill. Aus der Zeit in Wien sind die Legende „Mitsanobu“ sowie das dramatische Chorwerk „Die Stunde der Verbrüderung“ erhalten, das 1926 in Berlin gedruckt wurde. In Prag entstanden unter anderem „Die hässlichen Mädchen von Bagdad“ sowie der Roman in Fortsetzungen „Jagd nach Axjutta – ein Roman zwischen Traum und Tag“, der in einer deutschsprachigen Zeitung der Tschechoslowakei abgedruckt wurde. „Mitsanobu“ und „Die hässlichen Mädchen von Bagdad“, beides Erzählungen mit exotischem Flair, waren Anregungen für Opern des flämischen Komponisten Marinus de Jong (1891–1984). „Die hässlichen Mädchen von Bagdad“ wurde 1967 mit großem Erfolg in der Oper von Antwerpen aufgeführt. Rosenfeld hatte auch das Libretto verfasst. Wohl aufgrund seiner Verdienste um das Opernschaffen eines belgischen Komponisten erhielt er im Mai 1964 ein Diplom der SABAM (Société Belge des Auteurs, Compositeurs et Editeurs). 

Urkunde zur Ehrenmedaille der Vereinigung belgischer Autoren, Komponisten und Verleger










Der These, dass sich Rosenfeld erst nach seiner Pensionierung dem Schreiben von Kinder- und Jugendbüchern zugewandt hat, ist nach Durchsicht des Archivmaterials zu widersprechen. Schon aus der frühen Zeit in London, knapp nach Ende des Zweiten Weltkrieges, existieren Dutzende von Arbeiten für Kinder, sowohl Hörspiele als auch Erzählungen, daneben auch Arbeiten, die sich an Erwachsene richten, alle unter dem Autorennamen Friedrich Feld und überwiegend in deutscher Sprache verfasst.

Rosenfeld betätigte sich außerdem als Volksbildner im besten Sinn des Wortes. Er verfasste zahlreiche Beiträge für die Sendereihe „Funkbibliothek der Unterhaltung und des Wissens“ des Süddeutschen Rundfunks: so über seinen Arbeitgeber Reuters, die Versicherungsgesellschaft Lloyd´s, die englische Frauenbewegung der Suffragetten, den Prozess gegen Sacco und Vanzetti, den US-Senator Huey Pierce Long, das Auktionshaus Sotheby´s, den Mörder Jack the Ripper und andere Themen. Der Großteil des deutschen Sprachraums war durch die NS-Diktatur isoliert gewesen. Rosenfelds HörerInnen lernten auf diese Weise, in unterhaltsame Hörspiele verpackt, viel Wissenswertes kennen. Umgekehrt erschien Rosenfelds große Biographie von Johannes Gutenberg auch im staatlichen tschechoslowakischen Kinderbuchverlag Albatros.

Vergessenes Schreiben für Kinder
Bereits zu Lebzeiten Rosenfelds in den 1980er Jahren begann sein Ruhm als Kinderbuchautor zu verblassen. Zum 30-jährigen Jubiläum des österreichischen Kinder- und Jugendbuchpreises im Jahre 1985 erschien die vom Unterrichtsministerium herausgegebene Broschüre „Bücher haben ihren Preis“. Darin wurde auch Friedrich Feld erwähnt, und zwar nicht gerade vorteilhaft. Seine Bücher seien „ganz vom Markt verschwunden“, weil sie „in ihrer Ausdrucks- und Anschauungsweise zu sehr in ihrer Zeit verwurzelt sind“. Bei seinen orientalischen Märchen handle es sich lediglich um „Bearbeitungen, die die Belehrung viel deutlicher hervortreten lassen“, als es „im Original der Fall ist.“ Das empfand Rosenfeld wohl als Affront aus seinem Geburtsland. Entsprechend energisch schrieb er dem zuständigen Ministerialrat sowie Unterrichtsminister Herbert Moritz und betonte, seine Bücher würden noch immer mit hohen Auflagenzahlen nachgedruckt, sogar in Japan, die Märchen aus Arabien, Indien und China habe er frei erfunden. Tatsächlich feierte Rosenfeld schon mit seinem ersten Kinderbuch „Tirilin reist um die Welt“ (erschienen 1931) große Erfolge; es wurde in sechs Sprachen übersetzt. Am meisten verbreitet ist wohl seine Geschichte von der „Lok 1414“, die noch in Rosenfelds späten Jahren neu aufgelegt wurde. Erstmals erschienen war dieser Longseller allerdings bereits 1948. 

Dass die Zeit über den Kinderbuchautor Friedrich Feld hinweggegangen war, zeigt auch ein Schreiben des Rowohlt Taschenbuch Verlages aus dem Jahr 1981. Rosenfeld hatte dort einige seiner Bücher zur Übernahme in die neu gegründete Kinderbuchreihe rotfuchs vorgeschlagen und blitzte ab: Seine Bücher passten „nicht (…) in die rotfuchs-Reihe hinein“, so die zuständige Redakteurin. „Bei Kinderkrimis bevorzugen wir die Art Spannungsliteratur, in der nicht die Aufklärung einer bestimmten Tat (…) von einem schlauen Kommissar die Spannung erzeugt, sondern uns liegt daran, Hintergründe und Motive zu entdecken“ [und] „soziale Zwänge zu erkennen. (….) Auch bei historischen Romanen liegt uns daran, nicht der herkömmlichen Geschichtsschreibung zu folgen und Geschichten von Helden und Herrschern zu schildern. (…) Uns interessieren mehr Erzählungen (…), die das bekannte Geschichtsbild ergänzen mit Schilderungen aus dem Alltag und aus der Sicht der ,kleinen‘´ Leute.“ 

Fotografische Exil-Erinnerung
Zu erwähnen sind auch fünf Mappen mit Fotos, darunter von Rosenfelds Vater Moritz, seinem Bruder Egon und anderen Verwandten. Moritz und Egon waren mit ihren Angehörigen vor der Shoah nach Argentinien geflüchtet. Der Kontakt mit Bruder Egon riss nicht ab. Davon zeugen Fotos vom Grab des Vaters, der nach seiner Emigration 1951 in Santiago de Chile gestorben war, und eine Geburtstagskarte von Egon zu Fritz Rosenfelds 80. Geburtstag.

Von Rosenfeld sind zahlreiche Porträts erhalten, als junger Mann bis in seine 80er Jahre, ein Foto aus seiner Zeit in Prag, von seinem Haus in Bexhill oder zusammen mit Ehefrau Ellen. Vor allem aber zeugen viele Bilder von Rosenfelds großer Liebe zu seinen Katzen.
 
Diese beiden "Standbilder" stammen aus dem Nachlass.





Literatur
: Brigitte Mayr/Michael Omasta (Hg.): Fritz Rosenfeld, Filmkritiker, Wien 2007 (Filmarchiv Austria).